Bauen ist eines der grundlegendsten Bedürfnisse der Menschen. Immer schon haben diese sich dabei zusammengefunden und gegenseitig unterstützt. Der Bauprozess ist aus unserer langjährigen Erfahrung am Besten ein respektvolles interdisziplinäres Miteinander aller Baubeteiligter. Es wird schließlich ein Unikat erstellt, bei dem es der Aufmerksamkeit, des Engagements und der Disziplin aller bedarf - vom Architekt über den Handwerker bis zum Nutzer. Es soll nach klaren Regeln immer fair und offen gehandelt werden. Hierbei ist Eindeutigkeit in der Kommunikation und für die Handlungssicherheit im Baumanagement und in der Bauleitung entscheidend. Da die Baugewerke sich verzahnen, erfordert dies gegenseitigen Respekt und Rücksichtnahme der Bauausführenden.
Wir halten es für kurzsichtig, immer das niedrigste Angebot erzielen und den größten Nachlass verhandeln zu wollen. Die Motivation der Beteiligten und der Ärger sind dazu direkt proportional.
Gekonnt mit den Instrumenten Planung, Ausschreibung und Vergabe sowie Bauleitung und Projektmanagement gegen steigende Baupreise vorgehen
Autor: Dipl.-Ing./MBA Christian Jetzt, www.neuesbauen5seen.de
(Schondorf am Ammersee, 18.09.2022) Seit vielen Jahren boomt die Baubranche wie kaum zuvor: Die Auftragsbücher von Bauunternehmen sind voll, Handwerker kurzfristig kaum noch zu bekommen. Materialmangel und explodierende Preise erschweren zusätzlich die Planung von Bauherren, hinzu kommt eine Veränderung der Zinspolitik. Wie kann man hier noch anstehende Bauprojekte mit kühlem Kopf angehen? Dipl.-Ing./MBA Christian Jetzt aus Schondorf („jetztneuesbauen“) hat einige Überlegungen/Tipps zusammengestellt, die kostengünstiges Bauen unterstützen.
Zunächst einmal gilt: Zukunftsweisende Architektur und Design müssen nicht teuer sein. Im Gegenteil: Gute Planung und Ausschreibung helfen, Kosten zu sparen! Wichtig dabei ist, dass die grundlegenden Weichen bereits bei Konzept und Entwurf gestellt werden. Denn später, zum Zeitpunkt der Ausschreibungen, können Baukosten kaum mehr effektiv gesteuert werden. Besonders wesentlich sind also diese Überlegungen von Bauherren und Planern in den frühesten Ideen- und Planungsphasen.
Zudem ist wichtig auch auf bauliche Details in der Ausführungsplanung und Ausschreibung einzugehen und diese explizit durchzuplanen. Denn so vermeidet man bei der späteren Realisierung teure Nachträge und unplanmäßige, oft unbeholfene „Ad-hoc-Ausführungen“.
Ebenso relevant sind die langfristigen Baunutzungskosten. Wer hier am falschen Ende spart, wird sich im sich im Lebenszyklus des Hauses mit hohen Kostenfaktoren auseinander setzen müssen. Anfänglich niedrig geplante Investitionskosten sollten daher oft noch einmal überdacht werden.
Doch er Reihe nach:
Alles beginnt mit dem Bauwunsch und der Grundstückssuche. Ideal ist hier, wenn es schon konkrete Bauideen gibt. Wie ein Grundstück bebaut werden kann, regelt der Bebauungsplan oder die Nachbarbebauung (§34 BauGB). Aus diesen Parametern kann die Lage des Baukörpers auf dem Lageplan mit den erforderlichen Stellplätzen ermittelt werden – sowie die Wohnfläche und die Baukostenschätzung.
Klares Baukonzept entwickeln
Grundlegende Fragen sind zu klären, wie z. B.: Kauft man ein Einzel-Grundstück? Teilt man ein größeres Grundstück? Ist ein Doppelhaus mit einem Baupartner möglich? Gibt es die Überlegung zu späterer Nachverdichtung für Familienmitglieder oder bebaut man ein Erbpachtgrundstück? Kreative Lösungsansätze sind gefragt: Z. B. erfordern kleinere Häuser geringere Abstandsflächen und somit ein kleineres Grundstück, bzw. teilen sich Doppel- und Reihenhäuser eine Kommunwand und Abstandsflächen entfallen dort per se . Nach Abwägung der jeweiligen Parameter kann die jeweils beste Lösung herausgearbeitet werden.
Stichwort Baufinanzierung: Rechtzeitiges Vergleichen und Verhandeln empfiehlt sich. Denn Zeitdruck geht zu Lasten der Konditionen. Fallstricke wie ein unter- oder überschätzter Kreditbedarf können zu teuren Nachfinanzierungen bzw. Nichtabnahmeentschädigungen oder Bereitstellungszinsen führen. Top-Konditionen aus dem Internet gibt es sehr oft nur bei Top-Bonität. Fehler vermeidet man bestenfalls mit einer unabhängigen Finanzierungsberatung zu Eigenkapital, Anteil des Haushaltseinkommens für Zins und Tilgung, Fördermitteln von Bund und Ländern, Tilgungsraten und Sondertilgungsmöglichkeiten sowie Kosten für Wertgutachten.
Sehr früh bestimmt also ein klares, zum Grundstück passendes Baukonzept als Briefing für den Architekten die Einsparpotenziale bei den Baukosten. Entscheidungen für Haustypen wie z.B. Einfamilien- oder Doppelhaus, Hausgrößen wie z.B. Tiny -, Mini- oder Kleinhäuser, die Reduzierung von Fluren, der Verzicht auf einen Keller oder eine Garage sowie Abstriche bei Balkonen und Erkern sind hierbei wesentlich oder geben eingespartes Budget für Investitionen frei, die zukünftig Unterhaltskosten sparen. Dabei sollte z.B. an Photovoltaikanlagen mit Speichersystem oder die Trennung von Trink- und Brauchwasser gedacht werden.
Aus dem Bau-Konzept und Raumprogramm entwickelt der Architekt in der Frühphase die Vor- und Entwurfsplanung. Ein reduziertes Raumprogramm, z.B. durch geschickte Nutzung von Stauraum und die Berücksichtigung von Einbaumöbeln in Nischen und Schrägen oder ausklappbare Einbaumöbel für Arbeitsplätze o.ä. verringern den Flächenbedarf.
Bei der Bau-Form senken ein Grundriss mit möglichst geringer Fassadenfläche und eine einfache Dachform ohne Gauben und Einschiftungen die Kosten. Aktuelle Materialkosten für Beton, Betonstahl, Mauerziegel, Dämmstoffe, Holz u.d.gl. können die Bauart bestimmen: also z.B. Massivbauweise oder Elementbauweise aus Holzwerkstoffen. Wer auf eine Lüftungsanlage verzichten kann und stattdessen eine steuerbare Fensterlüftung wählt oder einen Kamin einspart, kann zudem Bau und Unterhaltskosten deutlich reduzieren.
Less is more
Nach der Genehmigungsplanung folgen Planungsphasen für die Ausführung sowie Auschreibung und Vergabe. Baukosten können hierbei nur noch in geringerem Umfang beeinflusst werden, dennoch lassen sich auch hier durch kluge Entscheidungen die Baukosten noch lohnend verringern. Es werden dabei nämlich Qualitäten und Mengen für den Hausbau definiert. „Keep it simple“ oder der von Ludwig Mies van der Rohe propagierte Topos „less is more“ bieten dabei Sparprinzipien. Es geht um Bodenbeläge, Fensterbänke, Fensteranzahl, -art und -größen, Verschattungsanlagen, Türen, Anzahl und Art von Sanitärgegenständen, Steckdosen, Videogegensprechanlagen, etc. Großzügigkeit entsteht oft erst durch Weglassen in der Architektur.
Konkret: Ein großes Waschbecken mit nur einer Armatur ist günstiger als zwei Einzelwaschbecken mit je einem Anschluss und einer Armatur. Braucht man wirklich eine Gegensprechanlage mit Video oder reicht auch eine mit Ton aus – muss diese auf einem oder zwei Geschossen sein?
Mein Rat zu den Vergaben: Sprechen Sie relevante Firmen rechtzeitig an. Halten Sie Kontakt und versenden Sie nicht an unbekannte Unternehmen Ausschreibungen mit zu vielen und unnötigen Vertragsbedingungen – Handwerker verdienen ihr Geld auf der Baustelle, nicht durch Lesen von Kleingedrucktem.
Und zuletzt: Bei der Erstellung kann die Eigenleistung das Sparziel unterstützen. Realistisch geschätzt kann diese fünf bis zehn Prozent der Bausumme betragen – je nachdem was die finanzierende Bank akzeptiert.